Teilprojekt B16N
Werte-Repräsentation in sensorischen kortikalen Arealen während Entscheidungsprozessen: Netzwerkmechanismen und Neuromodulation
Um zwischen verschiedenen möglichen Handlungen zu entscheiden, muss ein Individuum diesen Optionen eine Wertigkeit zuordnen und dann auf Grundlage dieses Erwartungswertes eine Entscheidung treffen. Die Forschung über die neuralen Mechanismen des Entscheidens auf Grundlage dieser Erwartungswerte fokussierte überwiegend auf präfrontale Kortexareale und auf die Basalganglien. Jedoch finden sich Repräsentationen des Erwartungswertes auch in frühen sensorischen Kortexarealen. Tierexperimentelle Studien legen nahe, dass Entscheidungen grundsätzlich zwar auch ohne den jeweils relevanten primär sensorischen Kortex getroffen werden. Jedoch bringt ein intakter sensorischer Kortex vor allem dann einen Vorteil, wenn die Komplexität der Aufgabe ansteigt. Dieses Teilprojekt untersucht daher grundlegende Mechanismen der Repräsentation von Erwartungswerten in sensorischen Kortexarealen. Methodisch kommen sowohl Mikroelektrodenableitungen aus dem primär auditorischen Kortex von Wüstenrennmäusen sowie Magnetenzephalographie (MEG) zur Erfassung der gesamten kortikalen Aktivitätsmuster beim Menschen zum Einsatz. Diese Kombination erlaubt es, die Verabeitungsmuster sowohl auf der Mikro- (kortikale Schichten und definierte Schaltkreise) als auch auf der Makroebene (gesamtes kortikales Areal und verteilte Aktivitätsmuster über den gesamten Kortex hinweg) detailliert zu charakterisieren. Diese Verfahren werden mit pharmakologischer Modulation und computationaler Modellierung kombiniert um allgemeine Funktionsprinzipien der Wertigkeitsverrechnungen aufzudecken.
In Wüstenrennmäusen wird die kortikale Aktivität erfasst, während die Tiere eine auditorische Diskriminationsaufgabe erlernen, bei der die Reiz-Ergebnis-Kontingenz mehrfach umgekehrt wird. In einem weiteren Schritt wird der zeitabhängige Einfluss verschiedener neurochemischer Systeme (Dopamin, GABA) untersucht, indem verschiedene Agonisten/Antagonisten zu unterschiedlichen Phasen des Lernens verabreicht werden. Darüber hinaus wird untersucht, welchen Effekt die Einführung eines perzeptuell ambigen Reizes auf die Werterepräsentation zweier zuvor gelernter Stimuli hat, wenn der neue Reiz physikalische genau mittig zwischen den anderen beiden Reizen mit jeweils entgegengesetzter Wertigkeit liegt. Im Menschen wird untersucht wie Werterepräsentationen im visuellen Kortex über ein längeres Intervall aufrechterhalten werden, wenn Probanden zwischen zwei nacheinander dargebotenen Reizen entscheiden müssen. In einem ersten Schritt soll die Werterepräsentation während des Intervalls zeitlich, räumlich und spektral detailliert charakterisiert werden. Im nachfolgenden Schritt untersuchen wir die Rolle neurochemischer Systeme für die Dynamik dieser Werterepräsentation. In einem genetischen Ansatz wird in Kooperation mit Teilprojekt A08 der Einfluss verschiedener Polymorphismen im glutamatergen und GABAergen System auf die Dynamik der Werterepräsentation untersucht. Durch pharmakologische Modulation wird direkt getestet, welche Rolle GABA für die Werterepräsentation und das Entscheidungsverhalten hat.
Durch die Verwendung übergreifender computationaler Modelle und vergleichbarer Analyseverfahren wie multivariater Mustererkennung sowohl auf die Daten der Wüstenrennmäuse wie der Probanden erhoffen wir uns, zu einem allgemeinen und umfassenden Verständnis der Verabeitungsmechanismen von Werterepräsentationen in sensorsichen Kortexarealen zu kommen.